Ring­vor­le­sung

Som­mer­se­mes­ter 2012: Wie­der­ho­lung. Re­kur­si­on. Ver­schie­bung

Die Ringvorlesung des Graduiertenkollegs „Automatismen“ geht im Sommersemester 2012 der Frage nach, in welchem Verhältnis Automatismen zu Prozessen der Wiederholung, Rekursion und Verschiebung stehen. An vielfältigen Phänomenen kann beobachtet werden, wie repetitive Abläufe in Automatismen münden; z.B. in Form von Riten, Gewohnheiten, Routinen, Klischeebildungen, Wahrnehmungskonventionen oder sozialen Praktiken. Gleichzeitig können in Wiederholungen und Rekursionen subtile Verschiebungen auftreten, die Raum für Neues schaffen. Dabei stellt sich die Frage, durch welche spezifischen prozessual-zeitlichen Logiken das Verhältnis zwischen Wiederholung, Rekursion und Automatismen gekennzeichnet ist.

 

Raum: E5.333

Zeit immer: 18.15 Uhr


Plakat | Flyer

 

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Dienstag 24.4. | Dierk Spreen (Paderborn)
Cyborgs als Figur der Verschiebung und Wiederholung

Cyborgs sind Mischwesen mit technischen und organischen Anteilen. Körperinvasive Technologien erweisen sich dabei zugleich als "Wiederholung der Natur" und als "Verschiebung ins Künstliche". Diese Sichtweise impliziert allerdings, dass die Unterscheidung zwischen Organischem und Technischem durch die Cyborgisierung nicht unterlaufen wird. Was dagegen problematisch wird, sind Vorstellungen von sozialen Beziehungen und dem menschlichen Selbst, die das Technische und Mediale ausblenden.

 

Dienstag 8.5. | Marco Platzner (Paderborn)
Verschiebungen an der Grenze von Software und Hardware

Rekonfigurierbare Hardware ist eine neue Technologie mit der die Hardware eines Computers während des Betriebs verändert werden kann. Die herkömmliche Vorstellung einer festen Hardware und einer flexiblen Software wird aufgelöst. In dem Vortrag werde ich zeigen wie rekonfigurierbare Hardware verwendet wird, um Funktionen während des Betriebs über die Software-Hardware Grenze zu verschieben und damit selbst-adaptive Systeme zu konstruieren.

 

Dienstag 22.5. | Irina Kaldrack  (Basel)
Rekursion, Reflexivität und Un-Berechenbarkeit

In der ersten Hälfte des 20. Jahrhunderts werden zwei Grenzen des Wissens offenbar: Auf der einen Seite steht die Problematisierung logischer Kalküle durch Gödel und die Auseinandersetzung mit trivialen Maschinen durch Turing. Auf der anderen Seite steht das Problem eines quantentheoretischen Beobachters. Der Vortrag geht der Frage nach, wie diese beiden Probleme verbunden werden. Die These ist, dass Rekursion mit Selbstbezüglichkeit verbunden wird. Damit avanciert sie zum Garanten von Nichttrivialität und verspricht, neues Wissen zu erzeugen. Vor dem Hintergrund dieser Rekonstruktion stellt sich die Frage, ob (Selbst-)Reflexivität ein epistemischer Automatismus zur Verdeckung von Erkenntnis-Grenzen ist.

 

Dienstag 5.6.

| Martina Dobbe (Berlin)
Differenz und Wiederholung in der appropriierenden Fotografie

Die fotografischen Appropriationen von Sherrie Levine sind vermutlich die einschlägigsten Beispiele für eine Fotografie, die im Zusammenspiel von Wiederholung und (minimalisierter) Differenz operiert. Andere Beispiele – wie die Re-Inszenierungen von Cindy Sherman und von Aneta Grzeszykowska – wurden jüngst als Prozessualisierung von Differenz und Wiederholung im Sinne des Palimpsests diskutiert. Läßt sich auf der Basis solcher Appropriationen eine Ästhetik der Wiederholung in der Fotografie formulieren? Welchen Rückhalt findet eine  Ästhetik der Wiederholung im Medium bzw. im Dispositiv der Fotografie? Und welche historischen Indices setzt die zeitgenössische Fotografie, die die Fotografie des Neuen Sehens reinszeniert?

 

Dienstag 26.6. | Internationales Begegnungszentrum (Jenny-Aloni-Gästehaus) | Erich Hörl (Bochum)
Rekurrente Kausalität, Milieu und Evolution des technischen Objekts. Über Gilbert Simondons allgemeine Ökologie

Der Vortrag untersucht zwei für die Gesamtkonzeption von Gilbert Simondons Evolutionstheorie des technischen Objekts entscheidende Begriffe, die Technik und Lebendiges in nächste Nähe zueinander bringen: den Begriff der rekurrenten Kausalität und den Begriff des Milieus. Simondons Kritik der Automatenfaszination und Adaptationsfixierung der frühen Kybernetik findet in der spezifischen Fassung und Verknüpfung beider Begriffe ihren zentralen theoriepolitischen Ort. Genau hier liegt auch einer der Gründe für die Aktualität Simondons: Unter besonderer Berücksichtigung von Georges Canguilhems organistischer Maschinenkonzeption und vor dem Hintergrund von dessen geschichtlicher Verortung des Milieubegriffs wird Simondons Techniktheorie als Beitrag zu einer allgemeinen Ökologie der Medien und Techniken zu begreifen sein, die für die Beschreibung der gegenwärtigen technischen-medialen Sitatuion von zentralem Belang ist.

 

Dienstag 3.7. | Werner Wolf (Graz)
Wiederholung/Ähnlichkeit als Prinzip ästhetischer Selbstreferenz

Der Vortrag geht der Frage nach, wie sich Wiederholung in der Kunst von basaler, automatisierter Selbstreferenz entlang eines Kontinuums in den Bereich entautomatisierter ästhetischer Selbstreferenz bewegt. Er beleuchtet damit die Kehrseite von wiederholungs-basierten Automatismen und versucht dem Phänomen der Wiederholung bzw. Ähnlichkeit in seiner Funktion nachzugehen, als entautomatisiertes Verfahren in besonderer Weise der Sinnsstiftung zu dienen. Im Fokus steht die transmediale Bedeutung von Wiederholung als Prinzip ästhetischer Selbstreferenz, die an Beispielen aus der Literatur und anderen Künsten verdeutlicht wird.

 

Mittwoch 4.7. | Friedrich Balke (Weimar)
„Weltgeschichtliche Totenbeschwörung”. Der Akt der Wiederholung und die Macht des Anachronismus

Zum modernen Selbstverständnis gehört die Gewissheit: Geschichte wiederholt sich nicht. Der Vortrag fragt danach, ob sich das in diesem Sinne Neue, das die Geschichte produziert, tatsächlich im Gegensatz zur Wiederholung bestimmen lässt, oder ob nicht, auf einer Linie von Kierkegaard und Deleuze ein komplexeres Verständnis von Wiederholung benötigt wird, um die Produktion des Neuen in der Geschichte fassen zu können. Im Mittelpunkt steht daher die Rolle von Fiktionen, die mit den historischen Aprioris und diskursiven Einheiten, die Ereignissen und Texten ihren Platz und ihre Zeit zuweisen, experimentieren und damit die historiografische Maxime herausfordern, dass zwar alles geschehen darf, aber nur zu seiner Zeit.

 

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Graduiertenkolleg „Automatismen. Strukturentstehung außerhalb geplanter Prozesse in Informationstechnik, Medien und Kultur“

Sprecher: Hartmut Winkler, Hannelore Bublitz
Konzeption und Organisation der Ringvorlesung: Norbert Eke, Timo Kaerlein, Irina Kaldrack, Inga Lemke, Theo Röhle und Kristin Wenzel