Ring­vor­le­sung

Win­ter­se­mes­ter 2015/16: Ver­kör­pe­rung und Ma­te­ri­a­li­sie­rung

  • 20.10. Hannelore Bublitz (Paderborn)
  • 10.11. Thomas Alkemeyer (Oldenburg)
  • 24.11. Sigrid Schmitz (Graz)
  • 2.12. Kerstin Palm (Berlin)
  • 15.12. Jutta Weber (Paderborn)
  • 5.1. Birgit Stammberger (Lübeck)
  • 19.1. Gabriele Dietze (Berlin)
  • 3.2. Nina Degele (Freiburg)

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20.10.2015 (Dienstag)

Raum: E2.339

Referentin: Hannelore Bublitz (Paderborn)

Titel: Materialisierung und Verkörperung – performative [Akte sozialer und symbolischer] Magie. 

Abstract:

Automatismen nehmen körper- und dinghafte Gestalt an, ohne dass man direkt beobachten kann, wie dies geschieht. Hier, in der schwarzen Kiste der Ereignisse, liegt das Rätsel der Automatismen – und der Materialisierung. Materialitäten machen latente Prozesse sichtbar, ohne diese wirklich zu zeigen; vielmehr treten sie als Schema(ta) in Erscheinung. So auch auf der Ebene der körperlichen Sedimentierung sozialer Prozesse und Strukturen. Dabei stellt sich die Frage, wie die nicht-vorsätzliche ‚Einverleibung‘ und Verkörperung geregelter Schemata der sozialen Praxis von statten geht und wie der Körper Dispositionen generiert, die komplexe Handlungsabläufe ‚gedankenlos‘ handhaben. Erklärungen bieten u.a. materialistische Theorien, die sich auf die physische Präsenz überindividueller Prozesse und die stillschweigende Magie performativer Akte berufen.

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10.11.2015 (Dienstag)

Raum: E2.339

Referent: Thomas Alkemeyer (Oldenburg)

Titel: Zwischen Routine und Kreativität. Der Körper als Subjekt der Praxis

Abstract:

Körper können, so soll in dem Vortrag argumentiert werden, als Subjekte der Praxis im doppelten Sinne betrachtet werden: als Bündel von diffusen Dispositionen, die allererst durch ihre Inkorporierung in Praktiken eine intelligible Gestalt erlangen und als Träger von Routinen wirksam werden, sowie als intelligente Organe gesellschaftlicher Veränderung, von denen stets auch Impulse zu Abweichung, Subversion, Auflehnung und kultureller Innovation ausgehen können. Beide Dimensionen verweisen aufeinander. So werden Momente der Freiheit und des Eigensinns oft gerade dann gewonnen, wenn geforderte Bewegungen, Haltungen und Gesten perfekt eingeschliffen sind. In Praktiken der Kunst oder des Sports tritt die einen geübten Körper voraussetzende Möglichkeit des Anders-Machens mitunter spektakulär aus den Kulissen des Alltäglichen auf die Bühnen der Öffentlichkeit. Ob solche Formen experimenteller Überschreitung und performativer Kritik dazu beitragen, etablierte Strukturen zu reproduzieren oder ihre Erneuerung zu befördern, ist eine offene und nicht prinzipiell, sondern nur empirisch zu beantwortende Frage. 

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24.11.2015 (Dienstag)

Raum: E2.339

Referentin: Sigrid Schmitz (Graz)

Titel: Brainbodies-in-Technoculture: Verkörperungen im Spannungsfeld von Automatismen, Konstruktionen und gesellschafts-politischen Wirkmächten

Abstract:

Das onto-epistemologische Rahmenwerk des Feminist Materialism versteht Phänomene als Assemblages von “matter und meaning”. Körperliche Prozesse sind beständig verschränkt mit technologischen Entwicklungen und forschenden wie auch gesellschaftlich-kulturellen Bedeutungseinschreibungen. An Beispielen aus dem Feld der modernen Neurokulturen (Neurotechnologien, Neuroenhancement, Neuroökonomie) diskutiere ich die Vorstellung von verkörperten Automatismen in Zusammenhang mit Prozessen der Konstituierung von brainbodies-in-technoculture. Welche Bedeutungen, Entscheidungen, Ziele und Normen unterschiedlichster “Akteure“ binden sich in das Embodiment ein? Welche Eigenwilligkeiten bringen brainbodies selber in diese materiell-semiotischen Netzwerke ein? Schließlich geht es um die Frage, welche Rolle die Bezugnahme auf Automatismen als scheinbar determinierende Körperlichkeiten für die Legitimation gesellschafts-politischer Machtverhältnisse spielen.

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2.12.2015 (Mittwoch)

Raum: E2.122           

Referentin: Kerstin Palm (Berlin)

Titel: “Active Matter“ - Neuere Ergebnisse aus Genetik und Evolutionsforschung

Abstract:

Lange Zeit wurde angenommen, einfache mechanische Vorgänge im Evolutionsprozess ließen Gene entstehen, die umfassend die Eigenschaften von Lebewesen determinieren. Neuere Forschungen aus Genetik und Evolutionsforschung beschreiben demgegenüber aktive Selbstgestaltungsprozesse des Körpers in Wechselwirkung mit der Umwelt, die auch für die Gender- und Race-Forschung ganz neue Dimensionen eröffnen. Der Vortrag stellt einige dieser Ergebnisse vor und diskutiert die Konsequenzen für eine kritische gender- und racetheoretisch informierte Lebenswissenschaft.

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15.12.2015 (Dienstag)

Raum: E2.339

Referentin: Jutta Weber (Paderborn)

Titel: Blackbox, Baukasten, Biomarker: Körperkonzepte in der Kontrollgesellschaft

Abstract:

Im Zeitalter der Technoscience werden Körper als black box und Baukasten modellierbarer Komponenten konfiguriert, die sich weniger durch ‚natürliche‘ Eigenschaften als durch ihr Verhalten, (Selbst-)Organisation und Mensch-Maschine-Kompatibilität auszeichnen. Gleichzeitig setzen sich Rhetoriken der Naturalisierung in populären Diskursen fort, während präventive Sicherheitspolitik biometrisch vermessene Körper als eineindeutige Identitätsmarker interpretiert. Der Beitrag diskutiert verschiedene, teilweise gegenläufige Automatismen der De-/Essentialisierung von Körpern.

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5.1.2016 (Dienstag)

Raum: E2.339

Referentin: Birgit Stammberger (Lübeck)

Titel: Seelenapparate und Symbolmaschinen. Lacan liest Freud

Abstract:

Was der Mensch als denkendes und handelndes Subjekt ist, gründete beim frühen Freud auf der Nervenphysiologie und dem Modell der Energiemaschine. Freud hatte sich für seine Theorie des Bewusstseins zahlreicher Modelle und Metaphern aus der Technik bedient: Seelenapparat, Wiederholung, Leistung, Übertragung. Lacan hatte in den 1950er Jahren diese Begriffe der Freudschen Psychoanalyse einer Relektüre unterzogen und gezeigt, dass auch das Symbolische als Inbegriff menschlicher Tätigkeit eine Welt der Maschine ist und damit eine Kritik am technologischen Determinismus seiner Zeit formuliert.

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19.1.2016 (Dienstag)

Raum: E2.339

Referentin: Gabriele Dietze (Berlin)

Titel: Korpo-Realität. Prozesse der Vergeschlechtlichung und Rassisierung von Körpern

Abstract:

Der Vortrag wird sich dem Ringvorlesungsthema von vier Seiten nähern. Von den Fragen 1. wie Körper aussehen (Visual Body Politics – Visibilität), 2. wie das Aussehen von Körpern diszipliniert wird (Körperregime), 3. was Körper vermögen  (Generativität und Reproduktivität) und 4. was Körper performen – (sexual politics). Dabei wird nicht davon gesprochen werden, was Körper s i n d, sondern davon, wie Körper betrachtet, behandelt und eingesetzt werden. Diese Aussage beinhaltet jedoch nicht, dass die Materialität von Körpern verleugnet wird, oder keine Rolle spielen soll. Die feministische Wissenschaftstheoretikerin Karan Barad hat einmal in Abwandlung von Judith Butlers Buchtitel ‚Bodies that matter‘ den Satz ‚Matter matters‘ (Materie spielt eine Rolle) gesetzt, um gegen ein allzu dekonstruktives Verständnis von Wirklichkeit Stellung zu beziehen. In diesem Sinne wird zwar von der Realität von Körpern (Korpo-Realität) ausgegangen, aber gleichzeitig ihre Politisierung betrachtet. Neben theoretischen Überlegungen zu Körperkonzepten werden deshalb politische Erkundungen zu gegenwärtigen europäischen Phantasmen über Körper von MigrantInnen oder Geflüchteten Gegenstand des Vortrags sein.

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3.2.2016 (Mittwoch)

Raum: E2.122           

Referentin: Nina Degele (Freiburg)

Titel: Habitualisierte Individualität, verkörperte Toleranz und autonome Normalität - eine soziologische Befragung vermeintlicher Selbstverständlichkeiten

Abstract:

Zum gegenwärtigen gesellschaftlichen Wertebestand gehört ein weitgehend geteiltes Selbstverständnis von Individualität, Autonomie und Toleranz. Das klingt schmeichelhaft. Was damit verbunden ist, wie sich dies anfühlt und schließlich erforschen lässt, ist Thema des Vortrags, wozu ich auf alltägliche Beispiele im Zusammenhang mit Studien zu Schönheitshandeln, Schmerz, Fußball und Testosteronwissen rekurriere. 

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Graduiertenkolleg „Automatismen. Kulturtechniken zur Reduzierung von Komplexität“
 
Sprecher: Norbert Otto Eke, Christina Bartz
Konzeption und Organisation der Ringvorlesung: Käthe von Bose, Tanja Brock, Hannelore Bublitz, Norbert Eke, Matthias Fuchs, Oliver Leistert, Jennifer Morstein, Simon Strick, Johanna Tönsing
 
Warburger Str. 100
33098 Paderborn
Fon: +49 (0) 5251 60 3275
Fax: +49 (0) 5251 60 4223
koord[at]gk-automatismen.upb.de
 
gefördert durch die Deutsche Forschungsgemeinschaft und die Universität Paderborn